Wo und wie darf / muss mit dem Fahrrad gefahren werden?

Man hört es immer wieder: Fahrradfahrer dürfen nicht nebeneinander, sondern sie müssen hintereinander fahren. Dasselbe gilt für das Befahren von Radwegen in oder entgegen der Fahrtrichtung und wie ist sich auf Radwegen zu verhalten, z.B. wenn ein Bus anhält und mit aussteigenden Fahrgästen zu rechnen ist? 

Die Fragen sind berechtigt und praxisrelevant. Aber bei der Beantwortung treten vielfach Unsicherheiten zutage. Dabei ist eigentlich alles ganz einfach.

Was gilt bei haltenden Bussen oder Straßenbahnen?

Nach § 1 Abs. 2 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Darüber hinaus gilt auch für einen Fahrradfahrer, dass dieser nur so schnell fahren darf, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht und innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann (vgl. § 3 Abs. 1 StVO)“ (BGH, Urt. v. 04.11.2008, Az. VI ZR 171/07).  

Und da § 20 Abs. 2 StVO ebenfalls auch für Fahrradfahrer gilt, wenn sie eine Haltestelle passieren oder wenn ein Linienbus oder eine Straßenbahn anhält und mit aussteigenden Fahrgästen zu rechnen ist, ist „rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.“ Dies gilt unabhängig davon, ob die Fahrgäste direkt auf den Fahrradweg aussteigen oder erst einen Bürgersteig zu überqueren haben (KG Berlin, Beschluss vom 15. Januar 2015, Az. 29 U 18/14). 

Dürfen Fahrradfahrer nebeneinander fahren?

Die Frage lässt sich nur mit einem klaren „es kommt darauf an“ beantworten. Ursprünglich war das Nebeneinanderfahren von Fahrrädern tatsächlich verboten. So heißt es z.B. in einem Urteil des OLG Nürnberg vom 12.07.1955 (Az. 3 U 217/54): „Der Sinn des § 28 StVO (Verbot des Nebeneinanderfahrens von Radfahrern; alte Fassung) ist, dass der Radfahrer in der Lage sein muss, als langsamer Verkehrsteilnehmer wirklich die äußerste rechte Fahrbahnseite einhalten zu können.“ Dies ging so weit, dass „am weitesten rechts fahrenden Radfahrer, ein unzulässiges Nebeneinanderfahren durch unverzügliche Gegenmaßnahmen wie Vorausfahren oder Zurückbleiben zu beseitigen“ hatten (OLG Bremen, Urt. v. 22.04.1959, Az. Ss 30/59).

Inzwischen hat sich das geändert und dem aktuell geltenden § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO zufolge, dar mit Fahrrädern grundsätzlich darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden.

Was ist mit der Radwegbenutzungspflicht?

Auch hier hat die Neufassung der Straßenverkehrsordnung für Klarheit gesorgt. Gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 besteht eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist und § 2 Abs. 4 S. 2  erlaubt rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 zu nutzen. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen dagegen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist.

Was ist, wenn kein Radweg vorhanden ist?

 In einer solchen Situation sorgt § 2 Abs. S. 5 für Klarheit: Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden.

Und außerhalb geschlossener Ortschaften darf man Radwege auch mit Mofas und E-Bikes benutzen (§ 2 Abs. 4 S.6 StVO).

Übrigens: Das Rechtsfahrgebot gilt auch auf Radwegen!

Und wer sich – auch durch eine Fahrt mit einem nicht motorisierten Fahrzeug, also auch bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad (stRspr, vgl. BVerwG, Urt. v. 04.12.2020, Az. 3 C 5.20;  Beschl. v. 20.6.2013, Az. 3 B 102.12; Urt. v. 21.05.2008, Az. 3 C 32.07; BayVGH, Beschl. v. 19.08.2019, Az. 11 ZB 19.1256 gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG), als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, riskiert den Verlust der Fahrerlaubnis. 

Bildnachweis: Polizei Steinfurt, Pressestelle 

(Veröffentlichungsdatum: 22.04.2024)